Mitgliedskarte 2023

Jahrgang 2023 - Vorratsgefäß mit eingeritztem Rad-Dekor; Goldglimmerware.    Fundort Dalheim, ehemaliges Depot der Strassenverwaltung, Oktober 2018.    Fotos: T. Lucas (c) INRA

Jahrgang 2023

 Vorratsgefäß mit eingeritztem Rad-Dekor; Goldglimmerware.

 Fundort Dalheim, ehemaliges Depot der Strassenverwaltung, Oktober 2018.

 Fotos: T. Lucas (c) INRA

 Beitrag (Cotisation) : 10€

   

Ein Vorratsgefäß mit mystischem Dekor ?

Autor : Nena Sand, INRA

   
     

Im Vorfeld der Arbeiten der Administration des ponts et chaussées  an einem ihrer Depots entlang der N13, bot sich die Gelegenheit Ausgrabungen im Inneren des vicus von Ricciacum durchzuführen. Hierbei wurde der Hinterhof eines, entlang einer Nebenstraße gelegenen, Gebäudes aufgedeckt. Neben der rückwärtigen Mauer des Gebäudes konnten auf der ca. 300 m2 großen Fläche zudem fünf Brunnen aufgedeckt werden.

Aus einem dieser Brunnen, der mit Siedlungsabfall aus der Mitte des 3. Jahrhunderts verfüllt war, stammt das auf der diesjährigen Mitgliedskarte abgebildete Gefäß. Es ist ein großes Vorratsgefäß (i), das mit, vor dem Brand eingeritzten, Wagenrädern verziert ist. Die beiden Außenkonturen der Räder wurden mit einem Zirkel in den lederharten Ton eingeritzt, während die Speichen freihändig gezogen wurden. Insgesamt sind auf der Wandung des Gefäßes vier solcher Wagenräder angebracht.

Der hellrötliche bis braune Ton des Gefäßes ist auf der Außenseite mit einem aufgestrichenen rötlichen Überzug mit vielen Micapartikeln versehen, durch den die Keramik ein goldglänzendes Aussehen erhielt. So wird diese bestimmte Art der Keramik auch als Goldglimmerware (ii) bezeichnet. Ihre Herstellung ist zwischen dem Ende des 1. und dem beginnenden 3. Jahrhundert für einige Werkstätten in der östlichen Gallia Belgica  belegt, vor allem in den Gebieten der Treverer und der Mediomatriker (iii).

Bislang konnte noch kein Vergleichsbeispiel für dieses Gefäß gefunden werden, sodass davon auszugehen ist, dass es sich um eine Sonderanfertigung handelt. Die Dekoration lässt sich am ehesten noch mit dem Fund eines Bechers mit aufgemalten Wagenräder aus der Mitte des 2. Jahrhunderts aus Godmanchester (Cambridgeshire, GB) vergleichen, der als Kultgefäß interpretiert wird (iv). Vergleichbare Rad- oder Sonnensymbole sind zudem aus der Latènezeit bekannt. So sind auf dem Deckel einer Flasche aus einem Grab aus der Zeit um 30 v. Chr. aus Horion (Liège, B) sowie auf einer Flasche aus Proto-Terra-Nigra, die in einem Grab in Péronnes-lez-Binche (Hainaut, B) gefunden wurde und das in die augusteische Zeit datiert wird, Räder mit acht Speichen eingeritzt. Sie kommen in Kombination mit weiteren Dekorelementen vor und werden mit einer keltischen Gottheit, die ihre Entsprechung im römischen Jupiter findet, in Verbindung gebracht (v).
Dementsprechend kommen im gallorömischen Götterkanon Raddarstellungen vor allem bei Darstellungen des Jupiter vor, bei denen sich Elemente römischer und keltischer Religion vereinen. Als Beispiel können die Jupitergigantenreiter genannt werden. Durch die Verbindung von Jupiter mit Blitz und Donner wurde auch öfters das Rad mit dem rollenden Donnergrollen gleichgesetzt. Gleichzeitig wird aber das Rad in antiken Kulturkreisen gemeinhin als Symbol für die Sonnenscheibe angesehen, hergeleitet durch eine formale Ähnlichkeit sowie die stete Bewegung und die Assoziation mit dem Sonnenwagen (vi).

Ob allerdings hinter den Raddarstellungen auf dem Gefäß ein kultischer Kontext steht oder es sich lediglich um Dekorationselemente handelt, kann aufgrund fehlender Parallelen sowie eines eindeutigen Kontextes nicht geklärt werden.

   
     

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(i) Vermutlich ein sogenannter Honigtopf der Form Nb. 79 ohne Henkelchen (Oelmann F., Die Keramik des Kastells Niederbieber. Materialien zur römisch-germanischen Keramik 1 (Frankfurt a. M. 1914)).

(ii) Sie entspricht der zweiten Generation dieser Warenart (Déru X., La deuxième génération de la céramique dorée (50-180 après J.-C.). In : Tuffreau-Libre M./Jacques A. (dir.), La céramique du Haut-Empire en Gaule Belgique et dans les régions voisines : Faciès régionaux et courants commerciaux. Actes de la table ronde d’Arras (12 au 14 octobre 1993). Nord-Ouest Archéologie N°6 (Beck-sur-Mer 1994) 81-94.).

(iii) Hierzu Hanut F./Henrotay D., Le mobilier céramique des IIe et IIIe siècles du site « NEU » à Arlon/Orolaunum (province de Luxembourg, Belgique). Éléments pour la définition du faciès céramique de la partie occidentale du territoire trévire. SFECAG - Actes du congrès de Pézenas 25-28 mai 2006 (Marseille 2006) 310-311.

(iv) De la Bédoyère G., The finds of Roman Britain (London 1989) 162.

(v) Vilvorder F., Les bouteilles en céramique belge à symbolisme astral. In: Bulet R./Vilvorder F. (Hrsg.), La céramique cultuelle et le rituel de la céramique en Gaule du Nord. Ausst. Moulins de Beez, 27 septembre – 15 octobre 2004 (Louvain-la-Neuve 2004) V-VI.

(vi) Kiernan P., Miniature Votive Offerings in the north-west Provinces of the Roman Empire. Studien zu Metallarbeiten und Toreutik der Antike Band 4 (Mainz, Wiesbaden 2009) 34–37.

   

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